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Autor: Redaktion

Gesindewechsel am Schlenggeltag 

 Das Gesinde waren bäuerliche Dienstboten, also Knechte und Mägde, die sich von den Bauern dadurch unterschieden, dass sie keinen Grund und Boden besaßen, allein auf ihre Arbeitskraft angewiesen waren und in fremde Dienste treten mussten, um überhaupt überleben zu können. Die Gesindezeit dauerte meistens nicht ein ganzes Leben lang, sondern bezog sich auf die Zeit zwischen Kindheit und Heirat. Lediggebliebene waren aber zeitlebens Knecht und Magd.
schlenggeltag zillertal
Im Jahre 1900 gab es in Österreich noch fast 400.000 bäuerliche Dienstboten. Danach schrumpfte diese Zahl wegen der fortschreitenden Mechanisierung rapide. Sodass hundert Jahre später, um die Jahrtausendwende, nicht einmal mehr 1000 Knechte und Mägde auf den Bauernhöfen von ganz Österreich tätig waren.


Diese bäuerlichen Dienstboten stockten das familiäre Arbeitspersonal auf. Sie fungierten somit als Ersatz für noch nicht arbeitsfähige Kinder. Mit dem Heranwachsen der Kinder zu vollen Arbeitskräften, konnte die Zahl der Knechte und Mägde reduziert werden. War dann z.B. der Sohn des Bauern in der Lage, den Rossknecht zu ersetzen, so musste dieser den Hof verlassen und auf einem anderen Betrieb sein Glück versuchen.

Und dieser Gesindewechsel fand im Zillertal immer am Lichtmesstag statt. Der 2. Februar war somit allgemein als „Schlenggeltag“ bekannt – ein wahrer Festtag für die Landbevölkerung!
Nach dem vormittägigen Kirchgang gab es ein „Mahlal“ (Festessen). Sodann wurden die Dienstboten einzeln der Reihe nach vom Bauern in die Stube gerufen und ausgezahlt. War kein Geldlohn vereinbart, dann gab es für die Dienstboten verschiedene Sachleistungen (z.B. ein Paar neue Socken, eine Lodenhose, neue Doggeln o. Ä.).

schlenggltag
Wer „schlenggelte“, d.h. wer den Arbeitsplatz wechselte, ging dann ins Dorf, wo genügend Verkaufsbuden aufgeschlagen waren, sodass er – wenn er mochte – den größten Teil des Lohnes wieder loswerden konnte. Hatte der Knecht noch keinen neuen Dienstplatz, so steckte er sich seinen Esslöffel hinter die Ohrwaschel und war somit für die Bauern als freier Dienstbote erkennbar. Der zukünftige Knecht war des Öfteren schon eine Zeit vorher „ausgedingt“ (ausgewählt) worden. Essen, Lohn, Bekleidung und Arbeit war alles schon vorher besprochen und ausgemacht worden. Der Neue bekam auch ein „Drangeld“, etwa 5-10 Gulden, damit er ja bestimmt komme! Überlegte es sich der Knecht anders, musste er das Drangeld zurückzahlen. Fand aber der Bauer einen anderen, so musste er auf dieses im Voraus bezahlte Geld verzichten.

Auf manchen Höfen musste das Gesinde nach dem Schlenggeltag noch einen Tag länger bleiben, um die sogenannte „Scheißschicht“ abzuarbeiten, Dabei verlangte der Bauer für die durch Verrichtung der dringendsten Bedürfnisse verloren gegangene Arbeitszeit einen Tag zusätzliche Arbeit …

Textquelle: Ernst Lasnik „Von Mägden und Knechten“ –
Styria Verlag Sagen und Brauchtum im Zillertal, Erich Hupfauf aus Schlernschriften 148,
herausgegeben von R. Klebelsberg,
1956 Fotoquelle: Franz Angerer